Warum Einzelvormundschaften?
Hier erfahrt ihr, was die Vorteile einer ehrenamtlichen Einzelvormundschaft sind und warum wir uns dafür einsetzen, dass unbegleitete minderjährige Geflüchtete die Möglichkeit haben, sich eine Vormund:in auszusuchen.
Für die unbegleiteten minderjährigen geflüchteten Jugendlichen begründet der persönliche, auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnittene, Kontakt zu Einzelvormund:innen eine neue, stabilisierende Vertrauensbeziehung. Einzelvormund:innen sorgen durch ihre rechtliche Vertretung des Mündels sowie ihre Engagements in den relevanten Lebensbereichen, für eine Verbesserung der Lebenssituation. Besondere Bedeutung hat hierbei die Sicherung des ungeklärten Aufenthaltsstatus nach der Einreise sowie die Entwicklung einer auf Dauer angelegten Perspektive für die schulische und berufliche Ausbildung. Der Kontakt zwischen den Jugendlichen und Vormund:innen und das aktive Engagement und Interesse füreinander, erleichtert und unterstützt in erheblichem Umfang das Ankommen der Jugendlichen.
Die Trennung von der Familie und Freund:innen und die häufig traumatischen Erlebnisse auf der Flucht sind für die jungen Menschen eine zusätzliche Belastung. Offen gezeigter Rassismus im Alltag und zunehmend restriktive Asylrechtsregelungen verstärken den Bedarf an persönlicher Unterstützung und Einbindung in neu zu schaffende Netzwerke.
Ehrenamtliche Vormund:innen motivieren und bestärken ihre Mündel, nehmen engagiert und emphatisch Anteil an deren Lebenssituation und entwickeln gemeinsam mit den Jugendlichen Perspektiven. So können tragfähige, belastbare Vertrauensbeziehungen entstehen, die über die Volljährigkeit hinausreichen. Für die Vormund:innen, die oftmals selber keine Rassismuserfahrungen machen, ist die Vormundschaft auch eine Möglichkeit, eigene Privilegien zu reflektieren und von paternalistischen Rollenvorstellungen Abstand zu nehmen.
Vorteile von Einzelvormundschaften
Solidarität mit Geflüchteten
Die Übernahme einer Vormundschaft für einen minderjährigen geflüchteten Jugendlichen begründet eine zumeist längerfristige Bindung und Verantwortung. Die meisten Jugendlichen sind zwischen 15 und 17 Jahre alt, wenn sie nach Deutschland kommen. Vor der Entscheidung für die Übernahme einer Vormundschaft sollte im familiären und freundschaftlichen Umfeld eine zustimmende Entscheidung herbeigeführt werden. Die konkrete Auseinandersetzung mit der Lebens- und Fluchtgeschichte eines unbegleiteten minderjährigen geflüchteten Jugendlichen, sowie mit den Erfahrungen als Vormund:in im Umgang mit Behörden, ist für viele Ehrenamtliche eine herausfordernde aber zugleich enorm bereichernde Aufgabe. Viele kommen hierdurch erstmals in den direkten persönlichen Kontakt mit Menschen, die eine Flucht durchlebt haben. Die besonderen Belange und Probleme junger Geflüchteter werden erlebbar und als Vormund:in kann hier direkte Unterstützung geleistet werden.
Erfolgreicher Start in Berlin
Ein behördlicher Amtsvormund darf nur bestellt werden, „wenn eine als ehrenamtlicher Einzelvormund geeignete Person nicht vorhanden“ ist (§ 1791b BGB). akinda – Berliner Netzwerk Einzelvormundschaften sucht, qualifiziert und vermittelt seit über 20 Jahren engagierte Ehrenamtliche. Während der Vormundschaft begleitet, berät und unterstützt akinda die Vormund:innen und ihre Mündel und steht auch nach Eintritt der Volljährigkeit als verlässlicher Ansprechpartner zur Verfügung.
Die Erfahrungen von akinda zeigen, dass der auf Interesse, Engagement und Empathie beruhende Kontakt zwischen Vormund:in und geflüchteten Jugendlichen in erheblichem Umfang die gesellschaftliche Teilhabe (junger) Geflüchteter fördert. Zugleich ist die Führung der Einzelvormundschaft ein wichtiges zivilgesellschaftliches Engagement und ein praktisches Zeichen der Solidarität und des Eintretens gegen Rassismus.
Individuelle Förderung
Seit dem Jahr 2015 sind weit über 100.000 minderjährige Geflüchtete nach Deutschland gekommen. Sie alle erhalten Vormund:inen, die „das Recht und die Pflicht haben, für die Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen, insbesondere den Mündel zu vertreten“ (§ 1793 Bürgerliches Gesetzbuch). In Berlin wird unbegleiteten minderjährigen geflüchteten Jugendlichen in aller Regel gleich nach ihrer Ankunft ein behördlicher Amtsvormund zugewiesen. Dieser hat kraft Gesetzes bis zu 50 Minderjährige gleichzeitig zu vertreten. Da fehlt die Zeit, um sich intensiv um den einzelnen jungen Menschen zu kümmern. Für die Entwicklung, Teilhabe und Gesundheit eines minderjährigen geflüchteten Jugendlichen ist ein zuverlässiger Beziehungsaufbau aber maßgeblich.